Kirchgemeinde

Römer, Ostgoten, Langobarden, Franzosen – die Verbindungen über die Bündner Alpenpässe wurden früh rege genutzt, sodass sich ein stetiger Austausch mit der ansässigen Bevölkerung von Waren, Methoden, oder auch Lehren und religiöser Perspektiven entwickeln konnte. Im Tal bildeten sich erste christliche Gemeinden bereits im 5. und 6. Jahrhundert. Hoch-Rialt (Hohenrätien) spielte dabei eine zentrale Rolle, zumindest lassen archäologische Ausgrabungen von 1999 diesen Schluss zu. Nebst Spuren einer Wegstation (Pferdewechsel, Herberge, Zollgebäude) entdeckte man ein Baptisterium (Taufkirche mit Taufbecken), unmittelbar neben der heute noch bestehenden Kirche St. Johann /Son Gion. In den Händen der Churer Bischöfe entwickelte sich Hohen Rätien zum kirchliche Zentrum der Grosspfarrei «Rialt».

Erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts bildeten sich eigenständige Pfarreien mit eigenen Gotteshäusern. In Thusis wurde 1506 die erste, durch Frondienst entstandene Kirche im Dorfzentrum eingeweiht, eine spätgotische Marienkirche.

Doch bereits zwanzig Jahre danach gab es eine neue Entwicklung; Thusis wandelte sich im Zuge der Reformation zu einer reformierten Gemeinde. Die wenigen verbliebenen Katholiken schlossen sich dem Kloster Cazis an. Erst durch die Zuwanderung von Arbeitskräften und Kurgästen gewann die katholische Gemeinschaft wieder an Grösse. Der Wunsch nach eigenen Räumlichkeiten gedieh. 1880 wurde im Haus des Hutmachers in Alt-Thusis ein Lokal gemietet – im heutigen Rathaus – und ein Oratorium eingerichtet. Doch diese Stätte wurde bald zu klein und man suchte eine neue Lösung. Zunächst wurde eine Anfrage an den evangelischen Kirchenrat gerichtet um Mitbenutzung der Dorfkirche (ehem. Marienkirche), aber bald ergab sich die Gelegenheit «ein zweistöckiges Wohnhaus mit Stall, Gemüse- und Baumgarten» zu erwerben. Auf den Grundmauern des Stalls konnte am 15. Juli 1896 die Herz-Jesu-Kirche mit 140 Sitzplätzen eingeweiht werden.

70 Jahre später wurde auch dieser Kirchenraum zu eng, sodass 1963 der Baubeschluss für eine doppelt so grosse Kirche gefasst wurde. Im Frühjahr 1966 wurde die Guthirt-Kirche eingeweiht.

Für das weitere Gemeinschaftsleben der Pfarrei wurde 1992 auf dem Grundstück der alten Herz-Jesu Kirche ein Kirchgemeindehaus in Betrieb genommen. So verfügt die Pfarrei Thusis heute über eine ausgewogene Struktur, um die pastorale Arbeit leisten zu können.

Die Mitglieder unserer Pfarrei sind im Laufe der Zeit zugezogen und auch immer wieder weitergereist; zunächst durch den Handelsverkehr oder Kriegstruppen, vor allem dann später im Zusammenhang mit dem Bau und Ausbau der Strassen, der Rhätischen Bahn, der Militäranlagen, der Kraftwerke, des Spitals und damit verbundenen Infrastrukturen, sowie Kur- und Feriengästen. Sie kamen aus den unterschiedlichsten Ländern und Kontinenten nach Thusis und prägten das kirchliche Leben.
Wir sind eine grosse, offene Gemeinschaft, stetig im Wandel und in Entwicklung nach den Bedürfnissen der Mitwirkenden, aber mit starken Werten und einem tiefen Bezugspunkt.

Quellen:
Archiv Katholische Kirche Thusis
Bündner Post 1966
www.hohenraetien.ch

 

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